Zeitlose Tage, das ist es, wofür es sich zu leben lohnt

Am Montagmorgen fahre ich schon im Morgengrauen Richtung Klagenfurt. Seminar "Naturerlebnis - Natur Erleben". Ich freue mich mein geliebtes Krastowitz und ein paar meiner Kollegen vom Green Care Kurs zu treffen. Und weil mir die Straße gnädig entgegen gekommen ist, habe ich noch genügend Zeit um Krastowitz und seine Natur zu begrüßen.

Ich ziehe Schuhe aus und gehe barfuß den Weg um den kleinen Teich. Die ersten Seerosen fangen mit blühen an. Eine Ente hab ich im Schilf aufgeschreckt, Gelsen stechen mich und da, die erste Zecke krabbelt an meinen Füßen hoch. Na ja, wird mir schon keine Krankheit übertragen, denkt es in mir, als mich auch schon was anknurrt und flink ins Gebüsch flüchtet. Puh, fast wäre ich auf einen Igel drauf getreten. Ein Igel - seit Ewigkeiten hab ich keinen lebendigen Igel mehr gesehen, jedenfalls keinen in freier Natur. Die Igel die mir in letzter Zeit zu Gesicht kommen sind platt und tot irgendwo auf der Straße. Dieser da zu meinen nackten Füßen aber faucht mich an und rollt sich davon.

Wir machen Übungen auch auf der Wiese. Stöcke werfen und Stöcke schnitzen. Mein linkes Auge juckt und schwillt schön langsam zu. Giftige Viecher gibt es in Klagenfurt. Fast bin ich froh, dass zum Kneipptag nur so wenige Leute kommen.

         Gößnitzwasserfall in Heiligenblut

 

Am nächsten Tag ist mein Auge vollends ganz zugeschwollen und alle sagen: "Geh sofort zum Arzt!"

"Und, was macht die?" (Wir haben eine wunderbare Ärztin in Heiligenblut), meine Frage.

Wahrscheinlich Antibiotika verschreiben, denkt es in mir. "Nein, ich gehe mit euch zur Teichhütte und wir machen Qualquappenpeeling und wir "kneippen" durch die kleine Möll und wandern durch den Wald bis zum Wasserfall."

 

Im Stall begrüßen wir erst noch die kleinen Kätzchen, ehe wir uns auf den Weg machen. Gestärkt mit einem gemütlichen Frühstück, mit frischem Bauernbrot und verschiedenen Käsesorten und Radieschen vom Garten und viel Kaffee ziehen wir los. Luna, der Haus und Hofhund begleitet uns natürlich. Unsere Schuhe lassen wir irgendwo auf dem Weg zur Möll einfach liegen, die holen wir später. Rechts und links des Weges blühen Vergißmeinnicht in ihrem schönsten Blau. Die große Möll  singt uns ihr Lied vom Schmelzwasser und die kleine Möll lässt uns ohne Gefahr durchqueren. 

Der Wald hüllt uns ein in einen unbeschreiblichen Duft und ich merke, wie mein Atem immer tiefer geht, wie

ich immer leichter dahin gehe, und - wie mein zugeschwollenes Insektenstichauge von Klagenfurt langsam abschwillt. 

Entlang der Gößnitz gehen wir über Wurzelgeflechte, spüren den Waldboden unter unseren nackten Füßen, mal weich und sanft, mal nass und matschig, mal mit kleinen stupfigen Steinchen. Wo die wärmende Sonne den Weg durch die Bäume bis zum Waldboden schafft, da ist der Boden schön warm. Die Gößnitz springt laut ihren Weg über die Felsen und singt von Wildheit und Abenteuerlust und Klarheit und Tiefe und unendlicher Schönheit.

Steil geht der Weg hinauf, ein schmaler Waldweg. Wir können nur noch hintereinander gehen und das Tosen wird immer lauter und wir immer andächtiger. Bis wir um die nächste Kurve gehen und da ist er, der Wasserfall, wie er aus dem Berg springt und im freien Fall viele hundert Meter zu Tale stürzt. Ein Naturschauspiel, was auch beim tausendsten Mal betrachten nie dasselbe ist und mich tief tief berührt. So als würde ich es jedes Mal ganz neu sehen.

Der Wind trägt die Gischt über die Felsen hinauf und besprengt uns ganz zart und die Sonne malt Regenbogen über den Wasserfall und wir stehen da mit hängenden Armen in Gottes Schöpfung und werden zu einem Teil der Natur und verschmelzen mit Erde und Baum, mit Wasser und Stein.

Ich spüre, wie die Heilkraft der Natur an mir wirkt. Spüre wie mein Auge wieder ein bisschen sehen kann, spüre wie meine Seele jubiliert und meine Füße leicht und beschwingt über den Waldboden tänzeln.

Und ich spüre, wie sich der Hunger meldet und mit dem Hunger auch das Gefühl, auf was ich Lust habe zu Essen. Auf Salat aus meinem Garten und Eier von meinen glücklichen freien Hühnern und frischem Brot und Käse. Und auf dem Heimweg pflücken wir Kräuter, Girscht und Sauerampfer und wilde Stiefmütterchen und Löwenzahn und Bachlkresse....

Ach ist das herrlich, miteinander kochen und essen wenn man Hunger hat und nicht weil es gerade Zeit ist zu essen.

 

 

Ein Kneipp- und Einkehrtag inmitten der Natur.

Über den Terra Mystica Weg gehen wir wieder zurück und lassen uns von den Hollaleitischmandeln so manche Geschichte erzählen und wir machen Pause auf den Holz-Liegen beim Kachelmoor und schauen in den Himmel und sehen die ersten Libellen fliegen und die Entenmama kommt mit sechs kleinen Entchen zu uns, und die Vögel singen vielstimmig ihr Lied vom Fliegen.

 

Ja: "Es gibt nur einen Lehrer, wenn wir ihn verstehen,

 und das ist die Natur." (Kleist)

 

Sie bietet uns auf so vielfältige Art, was wir zum Leben brauchen.

 

Ich habe all die vielen Heilmittel der Natur genossen und bin nicht zum Arzt gegangen, weil ich ja in Gottes Schöpfung und in seinen Armen zuhause bin. Und manche Dinge brauchen eben ihre Zeit.

Auch ein geschwollenes Auge. Das wird schon wieder.

 

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